Beschreibung

Duesenjaeger sind alte Hasen in der Deutschpunk-Szene. Der Vierer aus dem Nordwesten treibt sein Unwesen nun schon über 15 Jahre. Fast zehn solche sind seit “Schimmern” schon wieder vergangen. Weiterhin musiziert man unterhalb des Radars auf eigenem Label, fernab von üblichen Gepflogenheiten der Musik-Promotion. Duesenjaeger könnten das ändern. Gerade jetzt, wo Deutschpunk beinahe salonfähig scheint, wo Weggefährten wie Turbostaat oder Captain Planet mit ihren LPs kürzlich gar Chart-Erfolge feierten, würde die fünfte Duesenjager-Platte “Treibsand” im medial günstigen Fahrtwind durchaus eine passable Figur abgeben. Möchten Duesenjaeger nicht. Sie verkaufen auch keine CDs bei Amazon, weil kein einziger Silberling gepresst wird – “Treibsand” gibt es nur auf Vinyl, als MC und als Download über die Plattform Bandcamp. Und diese Rezension? Braucht die Band sicherlich auch nicht. Sorry, Duesenjaeger, diesen Gefallen tut Euch Plattentests.de leider nicht.

Irgendwer muss das ja mal angehen, die Chose mit der Aufmerksamkeit. Denn die wäre zweifelsohne verdient, auch abseits der einschlägigen Punker-Kreise. Räudig, schmutzig, spartanisch, drahtig, düster – was Duesenjaeger seit jeher und nunmehr auch auf “Treibsand” darbieten, ist emotional, ohne klassisch Emo zu sein, klingt apathisch und gleichzeitig bewegend: Punkrock in E-Moll, wenn man so will. “Wozu noch geben / Wenn alles abgehört und in den Mund gelegt? / Wozu das alles? / Irgendwo klingelt die Kasse / Bestimmt nicht bei Dir”, holt “Woanders mit Dav” gleich zum Auftakt die hoffnungsfroh Party-Ballons vom Himmel. Auch die übrigen Songs lassen das Konfetti stecken, denn Vieles dreht sich vor allem um Ohnmacht und Aussichtslosigkeit Einzelner in der schnelllebigen, oberflächlichen Gesellschaft, in einem für viele perspektivlosen System. “Rastlos und kalt” darf hier als Pars pro toto herhalten, und auch der “Jauchetaucher” sehnt sich nach klaren Aussichten, die jedoch irgendwo hinter einem trüben Dickicht an Hindernissen verbaut sind und so fast unerreichbar scheinen.

Stagnation und Alltagstristesse werden im Hause Duesenjaeger nicht nur zelebriert, sondern auch treffend analysiert – mit vergleichsweise simplen, aber effektiven Mitteln: In “Wie lange noch”, einem klassischer Midtempo-Punker, verfällt die Bridge unter wirrem Geschwafel verschiedener Stimmen in bloße Orientierungslosigkeit. Sicher ist nur: “Es ist fünf nach zwölf.” Ein Schelm, der da an so manche politische Debatte der jüngeren Vergangenheit denkt. “Horde” und “Kehren vor den Bekehrten” zollen nicht minder lautstark aktuellen national-konservativen Entwicklungen Tribut und stellen rechten Populismus als Mob aus längst überwundenen Zeiten bloß, der sich die falschen Feindbilder sucht – es tritt sich eben leichter nach unten aus. All das sitzt “Tief” und man traut sich derzeit kaum noch, in die angeblich so sozialen Netzwerke zu blicken. “Grabeland”, der Popsong der Platte, sticht thematisch hervor, weil er sich die Entwicklungen auf dem zerrütteten Feld der Zweisamkeit vorknöpft und dabei etliche emotionale Narben zählt. In letztere legt “Treibsand” den Finger, versammelt zehn ernste und ernstzunehmende Songs, für die es keine hübschen Fleißkärtchen geben wird und für die einen üblicherweise keiner mal schnell in den Arm nimmt. Wir erbarmen uns und halten es frei nach Pascow: “Danke, Duesenjaeger!” Plattentests.de

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